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Sicher auf dem Pedelec – Ein Fahrtraining nicht nur für Senioren

Neuer Rekord: Insgesamt 1,9 Millionen E-Bikes wurden im Jahr 2020 deutschlandweit verkauft, das Fahrradfahren mit elektrischer Unterstützung liegt also auch weiterhin voll im Trend. Leider bringt der neue Fahrspaß auch einen weniger schönen Rekord mit sich: zwanzig Prozent mehr tödliche Unfälle mit Elektrorädern wurden im vergangenen Jahr verzeichnet. Für mehr Sicherheit auf dem Pedelec bieten Verkehrswacht und Landratsamt verschiedene Kurse an.

Kurse für Einsteiger und Fortgeschrittene

Die Kreisverkehrswacht Reutlingen-Münsingen bietet seit vier Jahren Fahrtrainings an, zum Teil in Kooperation mit den Volkshochschulen Reutlingen und Münsingen. Es gibt Kurse für Anfänger und Wiedereinsteiger sowie E-Mountainbike-Trainings für Geübtere. Neu seit diesem Jahr ist die vom Landratsamt Reutlingen umgesetzte Initiative „Radspaß – sicher ebiken“, die vom Landesministerium für Verkehr gefördert wird. Hierfür wurden bislang sechs Trainer ausgebildet, die Kurse starten im September und sind für die Teilnehmer kostenlos. Warum es Sinn macht, regelmäßig an solchen Trainings teilzunehmen, erklärt uns Thomas Steigenberger. Der Polizeibeamte für Verkehrsprävention ist von Berufs wegen zuständig für Verkehrsaufklärung in allen Altersklassen. Als Vorsitzender der Verkehrswacht Reutlingen-Münsingen setzt sich der Polizist auch ehrenamtlich für Verkehrssicherheit ein, unter anderem als Trainer für Pedelec-Kurse.

Journal: Für wen machen Pedelec-Kurse Sinn?

Steigenberger: Diese Kurse sind geeignet für jede Altersklasse. Das Zweirad ist das komplexeste Fahrzeug, mit dem man unterwegs sein kann. Wir brauchen beim Fahren all unsere Sinne und körperliche Fitness, denn auf dem Fahrrad sind Mehrfachhandlungen gefordert. Speziell beim Pedelecfahren kommt als Erschwernis noch das Gewicht des Rads dazu, das unterschätzen viele. Hauptsächlich kommen Senioren in die Kurse, aber auch jüngere Fahrer sind oft erstaunt, was sie noch dazulernen können. Zu uns kommen traumatisierte Fahrer mit Sturzerfahrung, aber auch Personen, die altersbedingte Beschwerden mitbringen. Mit zunehmendem Alter lassen Reaktionsfähigkeit und Motorik nach, das unterschätzen leider viele. Sich das einzugestehen, fällt den meisten schwer. Häufig melden Senioren ihre Frauen zum Kurs an und sind dann selbst nur Zaungäste.

Journal: Was genau wird in den Kursen geübt?

Steigenberger: Am Wichtigsten ist es, Sicherheit zu vermitteln. Wir fangen mit den einfachsten Dingen an: Anfahren, Spurhalten, Blickführung, Lenken, gezielte Einzelrad-Bremsungen. Hier fehlt oft auch bei geübten Fahrern das Wissen: warum fliege ich beim Bremsen über den Lenker? Damit das nicht passiert, tasten wir uns an das Thema Bremsen sehr behutsam ran. Richtiges Schalten wird auch geübt, die meisten älteren Fahrer sind mit einer Nabenschaltung gut beraten, da wäre auch von Seiten der Fahrradhändler gute Aufklärung wichtig. Manchmal scheitert die Fahrsicherheit auch an grundlegenden motorischen Fähigkeiten, da machen wir dann auch mal Übungen ohne das Rad.

Journal: Was geben Sie den Kursteilnehmern mit auf den Weg?

Steigenberger: Üben, üben, üben. Solch ein zweistündiges Training kann nur Motivation sein. Sicherheit entsteht erst, wenn die Übungen im Unterbewusstsein abgespeichert sind und das schafft nur ein Trainierter. Wir geben ganz einfache Tipps und Übungen mit auf den Weg, die beispielsweise auf Parkplätzen geübt werden können. Man sollte nicht einfach drauf sitzen und losfahren, sondern sich warm machen wie in anderen Sportarten, denn auch Pedelec-Fahren ist Sport. Auch wenn es schwerfällt, sollte man besonders die Dinge trainieren, die man nicht kann. Unabhängig vom Pedelec empfehle ich Senioren frühzeitig ihre Motorik zu schulen, zum Beispiel in Sturzpräventionskursen, wie sie auch die Verkehrswacht anbietet.

Journal: Werden solche Kurse in der Zukunft überflüssig sein, weil die jüngere Generation schon früher das Fahren mit Pedelecs erlernt und im Alter geübter ist?

Steigenberger: Nein, im Gegenteil. Ich bin seit vierzig Jahren in diesem Bereich aktiv und beobachte in den letzten Jahren, dass die Beweglichkeit insgesamt abnimmt, das ist schon bei den Kindern sichtbar. Wir sehen bei den Fahrradprüfungen, dass die Kinder immer adipöser und unbeweglicher werden. Dabei ist es speziell im Grundschulalter wichtig, sich viel zu bewegen. Im Alter zwischen sechs und zehn Jahren wird die Sensomotorik ausgebildet, was hier nicht gelernt wird, kann man später nicht nachholen. Nicht nur für das Fahrradfahren ist es wichtig, dass wir alle möglichst früh unsere Motorik und körperliche Fitness schulen.

Journal: Welche Tipps haben Sie für das Fahren im Herbst?

Steigenberger: Auffällige Kleidung, Leuchtfarben tragen, Tagfahrlicht anmachen, besondere Vorsicht bei Nässe, Laub und auf verschmutzten Feldwegen, unbedingt einen Helm tragen – das zu jeder Jahreszeit.

Anmeldungen und Informationen zu Fahrsicherheitstrainings: Verkehrswacht: www.vkw-reutlingen-muensingen.de, Initiative Sicher ebiken: www.radspass.org.

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