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Flüchtlinge erzählen – Ankommen in Eningen und Lichtenstein

(SH) „Wir schaffen das!“ Das mutige Statement der Bundeskanzlerin zu den 2015 eintreffenden Flüchtlingsströmen hat große Wellen geschlagen. Wellen der Empörung, aber auch der Euphorie. Nun bestimmt Corona den Alltag und unser Denken. Was aber ist passiert mit den vielen Tausend Menschen, die vor fünf Jahren nach Deutschland kamen? Wie geht es den Geflüchteten, die in unserer Region ein neues Zuhause gefunden haben?

Hohe Erwartungen auf beiden Seiten

Die Gemeinde Eningen hat 2015 überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufgenommen, da räumliche Kapazitäten vorhanden waren. Gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung gründeten engagierte Bürger*innen den Arbeitskreis (AK) Asyl. Circa 70 Eninger*innen kümmern sich seither um die Belange der Flüchtlinge. Der Wirkungsbereich des Arbeitskreises war von Beginn an vielseitig und gefragt. Er hilft bei Asylanträgen, rechtlichen Fragen, Bewerbungen, Sprachkursen, Schulanmeldungen, Behördengängen und vielem mehr. Vor allem aber schafft er Raum für soziale Begegnungen wie beispielsweise im Asyl-Café. Dr. Barbara Dürr kümmert sich um medizinische Belange der Flüchtlinge und berichtet über beiderseitige anfängliche Schwierigkeiten: „Die Erwartungen waren auf beiden Seiten hoch und passten nicht unbedingt zueinander, das hat die anfängliche Euphorie schnell gebremst. Wir mussten erst einmal eine gemeinsame Ebene finden.“ Inzwischen haben hauptamtliche Integrationsmanagerinnen einen Teil der unterstützenden Arbeit übernommen. Seit Treffen und Veranstaltungen wegen Corona nicht mehr stattfinden können, ist es schwierig für den Arbeitskreis, den Kontakt zu den Geflüchteten zu halten.

Wir schaffen das in Lichtenstein – Menschen erzählen

Der Arbeitskreis Asyl in Lichtenstein sieht sich denselben Herausforderungen gegenüber. 230 Flüchtlinge leben derzeit in der Gemeinde. „Wie werden wir eine Gemeinschaft?“, lautete die Leitfrage, nach der hier viele Veranstaltungen und Projekte geplant waren, die pandemiebedingt nun nicht stattfinden können. Juliane Rath bildet als Koordinatorin die Schnittstelle zwischen Arbeitskreis, Gemeinde und Integrationsmanagerinnen. „Auch für die Flüchtlinge sind gerade schwierige Zeiten, es finden keine Sprachkurse und Begegnungen statt, so entsteht ein Isolationsgefühl“, stellt Juliane Rath fest. Ebenso herausfordernd sei die Situation für den Arbeitskreis: „Man will, aber man kann nicht“. Was man machen kann, wird dann aber gerne gemacht. Der Arbeitskreis brachte im letzten Jahr eine lesenswerte Broschüre heraus, in der Flüchtlinge zu Wort kommen. In Interviews berichten verschiedene Menschen aus verschiedenen Ländern über das Ankommen und ihr Leben in Deutschland. Herausgekommen sind dabei lesenswerte und interessante Erfahrungsberichte von Geflüchteten. Im Vordergrund der Erzählungen stehen nicht die meist traumatischen Fluchterlebnisse, sondern die Erfahrungen, Sorgen und Wünsche der Menschen seit ihrer Ankunft in Deutschland.

Die Broschüre ist ein Projekt des Arbeitskreises, weitere sollen folgen. Auch wenn momentan keine Begegnungen stattfinden können, seien die Bedarfe trotzdem da und Mitmachen beim Arbeitskreis auch weiterhin erwünscht, ermuntert Juliane Rath. Die Ehrenamtlichen freuen sich über weitere Unterstützung, typische Aufgaben sind Hausaufgabenhilfe für Kinder, Ansprechpartner für lebenspraktische Dinge, Hilfe beim Deutschlernen und bei der Prüfungsvorbereitung. Man müsse nur Lust haben, sich auf die Menschen einzulassen und mit Neuem umzugehen, ermutigt Juliane Rath. Wie das Zusammenleben funktionieren kann, weiß sie aus eigener Erfahrung, sie lebt in einem Mehrfamilienhaus mit zwei syrischen Flüchtlingsfamilien. Das Zusammenleben empfindet sie als bereichernd und sie hat schon mit ihrer Familie eine typisch syrische Verhaltensweise übernommen: man bringt sich gegenseitig Essen vorbei. Die Koordinatorin hofft, dass zukünftig in mehr Häusern schwäbische und syrische Köstlichkeiten ausgetauscht werden können, ein großes Problem sei nämlich nach wie vor, geeigneten Wohnraum für die Flüchtlinge zu finden.

Die Broschüre und Informationen zum AK Asyl Lichtenstein gibt es unter: www.ak-asyl-lichtenstein.de

Kontakt AK Asyl in Eningen: www.arbeitskreis-asyl-eningen.de

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