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Erinnerungsstele Pfullinger Frauenaufstand

(BW) Bei bestem Wetter haben sich am vergangenen Samstag zahlreiche Pfullinger Bürger und Bürgerinnen auf dem neuen Marktplatz versammelt, Anlass war die Einweihung der Frauenstele vor dem Eingang des Rathauses. Die rund 2 Meter hohe, aus Cortenstahl und von Grafiker Christoph Dohse entworfene, Stele, trägt die Aufschrift „In dankbarer Erinnerung an das mutige Aufbegehren zahlreicher Pfullinger Frauen am 20., 21. und 22. April 1945“.

Denn, vor genau 78 Jahren, waren es zahlreiche Frauen, die Widerstand geleistet hatten, gegen die fanatischen Durchhalteparolen der Pfullinger Volkssturmführung. Sie hatten genug vom Krieg, begannen die Panzersperren am südlichen und nördlichen Ortseingang abzubauen und zogen protestierend vor das Rathaus, um dort ihren Ärger kundzutun. Und schließlich signalisierten einige von ihnen mit weißen Fahnen und weißen Kleidern den Franzosen bei deren Einmarsch ihre Bereitschaft der friedlichen Übergabe Pfullingens. Sie bewahrten damit die Stadt Pfullingen vor der Zerstörung und weiterer Opfer.

Ehrengast bei der Einweihung am vergangenen Samstag war Gerlinde Kretschmann, Frau von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, als Gastrednerin. Sie habe, betont sie, die Einladung sehr gerne angenommen, schließlich habe sie sehr großen Respekt vor den Pfullinger Frauen, die den Mut und die Courage besaßen, und die vor allem erkannt hatten, dass Barrikaden zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr gemacht hatten. „Der Aufstand der Frauen war nicht selbstverständlich, ich selber frage mich, ob ich den Mut gehabt hätte… ich weiß es wirklich nicht!“ Gesteht sie den Zuhörern und Zuhörerinnen, darunter auch zahlreiche Nachfahren der mutigen Frauen. Auch heute, so Gerlinde Kretschmann erleben wir eine Zeitenwende und sie fordert die Anwesenden auf, darüber nachzudenken, wofür die Stele heute steht. Denn so führt sie weiter aus: „Eine echte Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürger und Bürgerinnen.“

Auch Bürgermeister Stefan Wörner geht in seiner Rede auf die aktuellen Ereignisse, den völkerrechtswidrigen Angriff Putins auf die Ukraine ein. So soll die Stele künftig auch Mahnmal und Symbol dafür sein, gegen jedes Unrecht aufzustehen. Die Stele soll zur lebendigen Diskussion anregen.

Bewusst habe sich die Arbeitsgruppe während der Entstehungsphase des Denkmals dagegen entschieden einzelne Namen auf der Stele anzubringen. So steht die Stele als Erinnerung an alle Frauen, die an den Protesten teilgenommen hatten.

„Denn das Erinnern, zumal die persönliche Erinnerung werde von jedem unterschiedlich wahrgenommen und so könne die „öffentliche Erinnerung“ immer nur eine Reduktion des tatsächlich Geschehenen sein,“ so Wörner weiter.

„Erinnerung ist ein Prozess, was als erinnerungswürdig angesehen wird verändert sich mit der Zeit;“ betont Ellen Junger, die gleichfalls als Rednerin auf der Bühne stand. Sie hatte es im Entstehungsprozess sehr bedauert, dass nicht einzelne Namen auf der Stele zu lesen sind. „Denn nur konkrete Namen und Ort machen Geschichte greifbar“ so Junger weiter. Der nun sichtbar gemachte Pfullinger Frauenaufstand verbinde sich mit uns, er werde zu einem Teil unserer Pfullinger Wurzeln und zeigt ein weibliches Gesicht der Stadt.

QR Code führt zur Webseite und soll zu Diskussionen anregen

Mit Hilfe eines QR Codes, der auf der Seite der Stele angebracht ist, wurde daher die Möglichkeit geschaffen sich eingehender mit dem Thema zu befassen. Unterschiedliche Ansätze, Einordnungen, Quellenmaterial und Literaturangaben, zeigen wie unterschiedlich und schwierig die genaue Aufarbeitung des Themas ist. Außerdem ist dort eine Rubrik „Perspektiven“ eingerichtet, dort können fortlaufend weitere Sichtweisen und Auseinandersetzungen mit dem historischen Stoff eingepflegt werden.

Besonders Schulen sind eingeladen, das Thema „Pfullinger Frauenaufstand“ weiter aufzuarbeiten.

Einen kleinen Einblick wie diese Aufarbeitung aussehen könnte, erhielten die Zuschauer bereits beim Festakt. Schüler und Schülerinnen des Friedrich-Schiller-Gymnasiums hatten unter Leitung von Constanze Barocka einige Musikstücke vorgetragen aus ihrer Theateraufführung „Musik, Texte und Theater zum Pfullinger Frauenaufstand“ vom vergangenen Jahr.

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