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Pfullingen bleibt NABU-Naturwaldgemeinde

(SH) Die Stadt Pfullingen bewirtschaftet ihren Wald so naturnah, dass sie seit 20 Jahren die Auszeichnung als NABU-Naturwaldgemeinde trägt. Dieses besondere Prädikat wurde jüngst um 10 Jahre verlängert. Insgesamt 7 Gemeinden in Baden-Württemberg sind Inhaber dieser Auszeichnung des Naturschutzbundes (NABU). Als eine der ersten ausgezeichneten Naturwaldgemeinden hat die Stadt Pfullingen Vorbildfunktion und wirbt gemeinsam mit dem NABU landesweit für eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes.

 

Bereits zum Zeitpunkt der Umstellung des städtischen Forstbetriebs im Jahr 1993 waren gute Voraussetzungen für eine naturnahe Bewirtschaftung vorhanden, da es nie größere Baumartenwechsel durch großflächige Abholzungen gegeben habe, erklärt Revierleiter Bernd Mair, der voller Überzeugung hinter diesem Konzept steht: „Die Konsequenz der Umsetzung ist in Pfullingen einzigartig. Auch dass Pfullingen drei Zertifikate (PEFC, FSC, NABU-Naturwaldgemeinde) auf sich vereint, ist einmalig“, betont Mair.

 

Bedrohte Tierarten fühlen sich wohl

Ziel einer solchen forstwirtschaftlichen Vorgehensweise ist ein aktiver Waldnaturschutz durch naturnahes Bewirtschaften und gezielte Maßnahmen des Biotop- und Artenschutzes. Die Vorteile – auch für die Waldbesucher – sind prächtige alte Bäume, neues Leben in Feuchtbiotopen und seltene Vögel an naturbelassenen Waldrändern. Altes Gehölz und tote Bäume werden bewusst liegen und stehen gelassen, da diese Spinnen, Käfern und anderen Tieren Unterschlupf bieten. Besonders dankbar sind bedrohte Tierarten wie der Feuersalamander, Fledermäuse und der Alpenbock. Letzterer hält übrigens nicht, was sein Name verspricht: man wird auch in Zukunft keine Steinböcke den Albtrauf hoch- und runter klettern sehen. Beim Alpenbock handelt es sich um einen circa 3 Zentimeter großen blauen Käfer, der seine Eier ausschließlich in absterbendem oder totem Buchenholz ablegt.

Erfolgreiche Umstellung des Jagdsystems

Zu den NABU-Kriterien für eine naturnahe Waldbewirtschaftung gehört unter anderem der Verzicht auf Chemieeinsatz durch Pestizide, Insekten- oder Mäusegifte und Düngemittel. Stattdessen wird auf den Einsatz bodenschonender wald- und menschenfreundlicher Betriebstechniken gesetzt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der vollständige Verzicht auf Kahlschlag. Anstelle großflächiger Abholzung werden nur einzelne Bäume gefällt, die wiederum ihren Nachwuchs schon gesät haben. Auf diese Weise entsteht eine natürliche Fortpflanzung im Wald und es müssen nicht extra Jungbäume gepflanzt werden. Eine solche natürliche Verjüngung des Waldes ist wiederum nur möglich durch ein angepasstes Jagdsystem.

Damit sich die Verbissschäden an Jungbäumen in Grenzen halten und der Wald gesund gedeihen kann, hat Pfullingen erst kürzlich das Jagdsystem im Stadtwald umgestellt. Auch das ist ein NABU-Kriterium: Die Naturverjüngung des standortangepassten Waldes hat absoluten Vorrang und die Jagd muss sich am Ziel waldverträglicher Wildbestände ausrichten.

Durch die Einführung des Regiejagdmodells und die Abschaffung von Jagdpachtverträgen wurde im letzten Jahr deutlich mehr Wild geschossen als zuvor. Die zunächst umstrittene Änderung des Jagdsystems war auch deshalb notwendig, weil der Stadt aufgrund von zu hohem Wildverbiss der Entzug des FSC-Siegels drohte. Dieses wiederum hätte gravierende wirtschaftliche Einbußen bei der Vermarktung des Holzes zur Folge. Die ersten begleitenden Erhebungen durch die Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg liegen inzwischen vor und zeigen positive Tendenzen für die gesunde Verjüngung des Waldes. Für eine zuverlässige Aussage über den Vegetationsstand des Waldes müsse man jedoch die Folge-Inventuren der nächsten Jahre abwarten, betont Revierleiter Mair. Die jüngste Inventur zeige aber einen deutlichen Lichtstreifen am Horizont. „Die Tendenz geht in die richtige Richtung“, freut sich der Förster. Der naturnahe Wald hat also nochmal die Kurve gekriegt und schmückt sich nun verdient für weitere 10 Jahre mit dem NABU-Naturwaldgemeinde-Prädikat.

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