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50 Jahre Polizei-Puppenbühne

(SH) Die meisten Kinder kennen Polizist*innen aus vorbeifahrenden Polizeiautos oder aus Filmen und Serien im Fernsehen. Erst bei der Fahrradausbildung in der vierten Klasse gibt es direkte Kontakte zu den Männern und Frauen in blauer Uniform. Viele Kinder sind dann erst einmal erstaunt, dass es sich bei den Beamt*innen um ganz normale Menschen handelt. Noch erstaunter waren die Kindergartenkinder, die beim Puppentheater feststellen durften, dass einige Polizist*innen sogar talentierte Puppenspieler*innen sind.

Vier Kindergärten sind es, die mit ihren Vorschülern nach Reutlingen in die Jugendverkehrsschule gekommen sind zu einer Sondervorstellung. Auch wenn der Zeitpunkt, wenige Wochen vor der Einschulung, perfekt ist für verkehrspräventive Schulungen, gibt es um diese Jahreszeit normalerweise keine Puppenspiele. Denn die Polizist*innen der Jugendverkehrsschule sind in der Regel mit der Fahrradausbildung und anderen verkehrspräventiven Maßnahmen ausreichend beschäftigt. Sehr zum Bedauern der Spieler*innen kommt die Puppenbühne deswegen nur während der fahrradfreien Zeit im Winter für wenige Wochen zum Einsatz. In diesem Jahr gibt es aber zum Glück eine Ausnahme, denn für das große Fest zum 50jährigen Jubiläum muss geübt werden. Und was wäre eine Generalprobe ohne fachkundiges Publikum? Die Reaktion der Kinder auf das Bühnengeschehen kommt direkt und authentisch und ist für die Spieler*innen Dank und Impuls zur Weiterentwicklung zugleich.

Das Kasperle sucht man vergeblich auf der Bühne, dafür ist ein zauberndes Zebra zur Leitfigur des Reutlinger Puppenspiels geworden. Als das Zebra eine sprechende Ampel herbeizaubert, gibt es spontanen Applaus von Seiten der Kinder. Sogar einen Zebrastreifen zaubert das Zebra herbei, aber erst nachdem ihm die Kinder erklärt haben, dass es keine Angst um seine eigenen Streifen haben muss. Nur, wie kommt das Zebra denn nun auf die andere Straßenseite? Der vorbeifahrende Raser im Cabrio hält nicht mal am Zebrastreifen an! Die Kinder sind natürlich bereit zu helfen und üben mit dem Zebra, bis es sicher über die Straße kommt. Eine halbe Stunde lang sind die Kinder konzentriert bei der Sache und fiebern mit dem Zebra mit. Was hier passiert, nennt sich im Fachjargon „kindgerechter Lernprozess“: das Gesehene wird durch Emotionen im Gedächtnis verankert. Dass dies tatsächlich funktioniert, zeigen die Kinder im Anschluss an das Theaterstück. Die Puppenspieler*innen sind inzwischen lebensgroß in Polizeiuniform von hinter der Bühne zurückgekehrt und üben mit den Kindern auf dem Verkehrsübungsplatz das richtige Überqueren der Straße. Als Belohnung bekommt am Ende jedes Kind einen Fußgängerschein mit echtem Polizeistempel überreicht.

Vertrauen schaffen durch Puppenspiel

Die Verkehrspuppenbühne der Polizeidirektion Reutlingen gibt es mittlerweile seit 50 Jahren. Gegründet im Jahr 1972 wurde das pädagogische Puppenspiel bis heute stetig weiterentwickelt. Die Reutlinger Puppenspieler*innen sind Gründungsmitglied des 1997 entstandenen Vereins zur Förderung der Methode Puppenspiel in der Kriminal- und Verkehrsprävention. Über die Jahre haben sich die Polizist*innen auf verschiedenen Fortbildungen und Puppenspielerfestivals weitergebildet und Impulse gesammelt für die selbst geschriebenen Stücke. Das Repertoire der Reutlinger Puppenbühne umfasst mehrere Stücke im Bereich Verkehrs- und Kriminalprävention. Die selbst konzipierte Bühne ist technisch auf dem neuesten Stand und mobil, so können die Stücke bei Bedarf auch an anderen Orten im Landkreis gespielt werden. Polizei-Puppenbühnen gibt es in ganz Deutschland, von Reutlingen aus schielt man durchaus neidisch in Richtung Norden: dort gibt es Polizist*innen, die ausschließlich als Puppenspieler unterwegs sind und dadurch ein noch breiteres Spektrum an Themen für Kindergärten und Schulen anbieten können.

Neben Verkehrs- und Kriminalprävention ist das Ziel des Reutlinger Puppenspiels auch, Hemmungen gegenüber Polizist*innen abzubauen. Man wolle den Kindern zeigen, dass die Polizei nicht nur böse ist und bestraft, sondern dass hinter den Uniformen freundliche Menschen stecken. So solle Vertrauen geschaffen werden, denn leider gebe es noch immer Eltern, die ihren Kindern bei Ungehorsam mit der Polizei drohen, berichten die Polizist*innen. Bei der heutigen Vorstellung scheint es funktioniert zu haben. Während die Kinder vor dem Theaterstück noch voller Ehrfurcht die Polizeiräume betreten haben, ziehen sie nun fröhlich winkend wieder von dannen.

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