Diehl Controls Wangen – Fabrik des Jahres
Susanna Ising, FASTEC GmbH
Unter Industrieunternehmen gilt der Wettbewerb um die Auszeichnung zur „Fabrik des Jahres/Global Excellence in Operations“ als einer der härtesten Benchmark-Wettbewerbe Europas. Auf diesen Preis, der von A. T. Kearney, einer führenden internationalen Managementberatung seit 1991 verliehen wird, arbeiten produzierende Unternehmen aller Branchen oftmals jahrelang hin.
Gesamtsieger 2015 darf sich nun Diehl Controls in Wangen nennen. Das Unternehmen konnte die Jury mit seiner transparenten und voll automatisierten Fertigungslinie überzeugen. Das MES-System FASTEC 4 PRO konnte einen entscheidenden Teil zu diesem Erfolg beitragen.
Diehl Controls zählt zu den weltweit führenden Herstellern von elektronischen Komponenten für die Hausgeräteindustrie (Appliances) und Hard- und Software sowie Backend-Lösungen für intelligente Energiemanagementsysteme von Gebäuden.
„Zu Beginn haben wir das FASTEC-System noch längst nicht so intensiv genutzt, wie wir es heute tun – auch weil wir uns des Potentials von FASTEC noch gar nicht so bewusst waren. Je nach Produkt haben wir mittlerweile eine OEE-Steigerung von 5-15% erzielt.“ so Stefan Wespel, Plant Process Manager bei Diehl Controls Wangen.
Mit transparenten, voll automatisierten Fertigungslinien zur Fabrik des Jahres 2015
Neben den Geschäftsaktivitäten im Bereich Appliance hat Diehl Controls am Standort in Wangen auch die Connectivity Solutions untergebracht. Mittlerweile umfasst der Maschinenpark des Werks sieben Speed Lines – die größte davon, mit einer Länge von 86 Metern, besteht aus nunmehr 73 Modulen. Des Weiteren gibt es eine Prüf- und Montagelinie und drei SMT-Linien.
Entscheidung fiel für FASTEC durch die hohe Flexibilität des MES-Systems
Der Startschuss für die Einführung eines MES-Systems bei Diehl Controls in Wangen fiel 2009. Bis dato nutzte man das selbst entwickelte System „My MDE“, um durch Monitoring Transparenz in den Produktionsablauf zu bringen. Aufgrund des hohen Kosten- und Personalaufwands für den Betrieb des Systems traf der Vorstand die Entscheidung, „My MDE“ durch ein kommerzielles MES-System zu ersetzen. Die Beweggründe, sich für FASTEC zu entscheiden, lagen primär in der hohen Flexibilität von FASTEC 4 PRO – eine Entscheidung, die sich vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung von Diehl Controls in Wangen (kurz: DCW) bewährte.
Durch die selbstentwickelte Lösung „My MDE“ konnte bereits bei Projektstart auf qualitativ hochwertige Daten aus einer vorhandenen Kopf-SPS zurückgegriffen werden. Es galt, das alte Online-Monitoring in der Produktion abzulösen, auf dem Zykluszeiten und Ausschussgründe dargestellt wurden. Stefan Wespel, Plant Process Manager bei DCW, erinnert sich: „Grundsätzlich waren wir damals sehr zufrieden mit unserer Monitoring-Ansicht und auch die Akzeptanz bei den Mitarbeitern war hoch. Damit hatten wir sehr konkrete Vorgaben, die von FASTEC umzusetzen waren. Die neue Monitoring-Ansicht sieht nun zwar nahezu identisch aus, bietet uns aber entscheidend mehr Möglichkeiten.“ Thomas Schelke fügt ergänzend hinzu: „Noch zu erwähnen ist, dass das Online-Monitoring bereits nach der ersten Woche, in der FASTEC bei uns war, an der ersten Linie einsatzbereit war.“
Im Gegensatz zu „My MDE“ bietet das FASTEC 4 PRO-System nicht nur ein Online-Monitoring, sondern es archiviert auch die erfassten Daten in einer Datenbank. Störungen können daher nicht nur in Echtzeit angezeigt werden, sondern lassen sich auch mit Hilfe der entsprechenden Report-Funktionen nach vielen verschiedenen Kriterien auswerten und analysieren.
Fehlersammelkarten und SAP BW-Anbindung
Neben dem Online-Monitoring auch die exakte Erfassung des Ausschusses wichtig. Dazu bedient sich DCW Fehlersammelkarten, in denen der Ausschuss vermerkt wird. Damit ist das Unternehmen jederzeit in der Lage, den Ausschuss nach Stückzahl und Kosten zu beziffern.
Die Ausschuss-Erfassung erfolgt über eine Fehlertaste und gänzlich ohne Papier. Der daraus resultierende Mehrwert ergibt sich aus dem Vergleich mit der bisherigen Vorgehensweise: während der Produktion mussten Maschinenbediener Strichlisten führen, welche anschließend eingescannt und zur Dateneingabe an eine externe Stelle geschickt wurden, um dann letztendlich – mit einigen Tagen Verzögerung – wieder in Wangen zu landen. Heute werden die in den elektronischen Fehlersammelkarten gewonnenen Daten direkt an SAP BW übertragen.
In den letzten Jahren hat DCW diese Erfassung eigenständig sukzessive erweitert. Wo der Maschinenbediener anfangs noch eine bestimmte Taste betätigen musste, um Ausschuss zu erfassen, erfolgt die Selektion nun direkt in der Anlage (der Kopf-SPS) und gelangt über FASTEC in SAP BW. So muss keine Taste mehr gedrückt werden und die Erfassung gewinnt zudem an Genauigkeit.
Automatische Auftragsanmeldung durch Schnittstelle zum FIT-System
Über das FIT-System (Functional Integration Tester) erfolgt der Abschlusstest der fertig bestückten Baugruppen. Der Maschinenbediener muss dafür zuerst den Auftrag anmelden. Über die zum Auftrag hinterlegten Daten wird dann der Tester entsprechend konfiguriert. Die Auftragsdaten benötigt auch das BDE-Modul in FASTEC 4 PRO. Damit der Maschinenbediener keine doppelte Auftragsanmeldung vornehmen muss, wurde in FASTEC 4 PRO eine Schnittstelle zum FIT-System erstellt. Über die Schnittstelle erfolgt eine automatische Weitergabe der Auftragsanmeldung an FASTEC 4 PRO.
Lean-Management in Reinkultur
Die Unternehmensphilosophie von Diehl Controls ist durch Transparenz, gemeinsame Ziele und Fairness gegenüber den einzelnen Mitarbeitern geprägt. Information und Kommunikation sind dafür unabdingbare Voraussetzungen. Ein Begriff, der sowohl in diesem Zusammenhang als auch in Verbindung mit Industrie 4.0 an Bedeutung gewonnen hat, ist das Shopfloor-Management: Eine zentrale Rolle spielt darin die Präsentation produktionsrelevanter Informationen, zugeschnitten auf die jeweilige Zielgruppe, inmitten der Produktion. Die Umsetzung erfolgt bei Diehl Controls durch ein eigenes Kontaktprogramm, das u.a. diese Meeting-Formate beinhaltet:
• Tägliche Task-Force-Meetings: Analyse der letzten 24 Stunden Produktion
• Wöchentliche KVP-Meetings: Hier wird u. a. der OEE der letzten Tage besprochen und ggf. Verbesserungspotenzial aufgedeckt
• Die monatliche große Kennzahlenrunde: Analyse der Produktion und Produktionskennzahlen über den Zeitraum eines ganzen Monats
Für alle drei Formate sind Live-Daten aus FASTEC 4 PRO die zentrale Datenquelle.
Für diese drei Meeting-Formate nutzt Diehl Controls sogenannte Kontaktecken inmitten der Produktion. In diesen befindet sich ein PC mit 50“ Monitor mit Zugang zu SAP BW und FASTEC 4 PRO, was den Zugriff auf alle produktionsspezifischen Daten ermöglicht. „Für keine unserer Besprechungen müssen wir Unterlagen vorbereiten. Wir greifen live in FASTEC auf die Daten zu und können so jederzeit genauestens analysieren, wo es wann zu Störungen kam.“ resümiert Stefan Wespel.
Auch die Instandhaltung nutzt FASTEC intensiv für Ihre Aufgaben. So findet z.B. im Rahmen eines 14-tägigen Instandhaltungsmeetings eine Analyse der Störgründe auf Basis der hier erfassten Daten statt. Des Weiteren beschäftigt man sich hier intensiv mit der jeweils schlechtesten Maschine. Außerdem werden in dieser Runde vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen beschlossen.
Monitoring in fast jeder Abteilung
Die Flexibilität des MES-Systems FASTEC 4 PRO spiegelt sich besonders in den vielfältigen Anwendungen des Monitoring-Moduls bei Diehl Controls wider. Die Online-Monitoring-Bildschirme sind nicht nur über den Linien angebracht, sondern unterstützen auch andere Bereiche, die unmittelbar mit der Produktion in Kontakt stehen.
In Eigenregie wurde z. B. eine Monitor-Ansicht für die Instandhaltung konzipiert, die live die Testdaten aller Tester anzeigt. Immer wenn die in FASTEC hinterlegte Toleranzgrenze von 96% unterschritten wird, signalisiert ein rotes Feld dem Instandhaltungs-Mitarbeiter, dass eingegriffen werden muss. Er prüft nun online, wo das Problem liegt und behebt es. Durch dieses Vorgehen wird der Linienverantwortliche entlastet, der so meist erst im Nachhinein erfährt, dass eine Störung vorlag. Für den Fall, dass ein Problem vom Instandhalter selbst nicht zu lösen ist, informiert er den Linienverantwortlichen, der dann direkt an der Linie die Problematik zu ermitteln versucht. Damit hat Diehl Controls einen Regelkreis geschaffen: wo zuvor die Instandhaltung erst durch die Maschinenbediener über ein Problem informiert wurde, wird dieser Schritt nun übersprungen; die Instandhaltung weiß heute zumeist dank des Monitorings noch vor den Maschinenbedienern Bescheid und kann eingreifen, bevor es zur Störung kommt.
Die gleiche Methode der Informationsbereitstellung hat Diehl Controls sich im Lager zu Nutzen gemacht: zuvor wurde ein Mitarbeiter telefonisch informiert, wenn neues Material aus dem Lager in der Produktion benötigt wurde. Nun signalisiert ein Monitor im Lager, wie hoch die Reststückzahl des aktuellen Auftrags ist. Dieser Vorgang ist vor allem bei großvolumigen Teilen (z. B. Gehäusen) sinnvoll, die viel Platz beanspruchen und deshalb möglichst zeitnah zum Verbau an die Linie gebracht werden müssen.
Wenn Stefan Wespel beschreibt, wie heute der Alltag bei Diehl Controls aussieht, fällt es viel leichter sich vorzustellen, wie eine Produktion in Richtung Industrie 4.0 aussehen kann.
Karl-Heinz Gerdes, Geschäftsführer bei FASTEC, gibt dabei zu bedenken: „Im Hinblick auf den Nutzen von MES-Systemen darf man eines nicht aus den Augen verlieren: Die Produktivität verbessert sich nicht von selbst nur dadurch, dass man jetzt den OEE-Wert misst. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Einführung eines MES-Systems und die Rentabilität der Investition sind engagierte Mitarbeiter, die sich intensiv und regelmäßig mit den gelieferten Daten auseinandersetzen und so die Leistung kontinuierlich verbessern. Zweifelsohne hätte es Diehl Controls in Wangen ohne das starke Engagement, das ausgeprägte Durchhaltevermögen und den großen Fleiß nicht zur Fabrik des Jahres 2015 gebracht. Für diesen Fleiß und diese außerordentliche Leistung gratulieren wir allen Beteiligten von Herzen und sind stolz, einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.“
Stefan Wespel bekräftigt diese Aussage: „Zu Beginn haben wir das FASTEC-System noch längst nicht so intensiv genutzt, wie wir es heute tun – auch weil wir uns des Potentials von FASTEC noch gar nicht so bewusst waren. Die Bestrebung, unsere Produktion immer weiter in Richtung Industrie 4.0 zu entwickeln, brachte uns dazu, uns intensiv mit diesem Werkzeug auseinander zu setzen. Wir haben damit die Produktion transparenter und die Aufbereitung der Daten für jeden einfacher und verständlicher gemacht, so dass damit jeder problemlos arbeiten kann. Gerade in den letzten Jahren hat sich das System für uns rentiert, weil wir es in einer Vielzahl von Abteilungen einsetzen können und es dort flexibel den Anforderungen der Abteilungen anpassen. Das Monitoring ist für unsere Produktion heute unabdingbar geworden.“
Autor
Susanna Ising, FASTEC GmbH, absolvierte ihren Master of Arts im Bereich Marketing und Public Relations an der Southampton Solent University in England. Zurück in ihrer Heimatstadt Paderborn ist sie nun in der Marketing-Abteilung des MES-Systemherstellers FASTEC für den Internetauftritt und für Presseberichte verantwortlich.