Seit 40 Jahren im Landkreis Böblingen: GWW Wohnheime Sindelfingen und Herrenberg feiern Jubiläum
Auf eine große Feier mit Gästen mussten die Bewohner der Wohnbereiche der Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten (GWW) in Sindelfingen und Herrenberg in diesem Jahr verzichten. Aufgrund der aktuellen Corona Schutzmaßnahmen blieben die über 100 Bewohner und Betreuer an den verschiedenen Standorten unter sich. Dies tat der Feier keinen Abbruch – es gab Fotos aus alten Zeiten und die älteren Bewohner erinnerten sich an die unterschiedlichen Begebenheiten und Veränderungen in den vergangenen 40 Jahren.
Durch die 1980 eingeweihten Wohnheime in Sindelfingen und Herrenberg folgte die GWW dem Wunsch der in den Werkstätten beschäftigten Menschen mit Behinderung. Viele der Mitarbeiter lernten in den Werkstätten über die tägliche Arbeit eine neue Form der Teilhabe kennen. In der Folge hatten sie auch den Wunsch, möglichst selbstbestimmt und unabhängig vom Elternhaus wohnen zu können. Darüber hinaus kamen auch viele Angehörige in ein Alter, in dem sie die Betreuung ihrer Angehörigen mit Behinderung daheim nicht mehr leisten konnten. So eröffneten die Wohnheime in Sindelfingen mit 37 Plätzen und in Herrenberg mit 36 Plätzen ein Wohnangebot, welches mit einer großen Anzahl Einzelzimmern als richtungsweisend galt. Allerdings mussten sowohl die Angehörigen, als auch die Bewohner lernen, dass das Wohnangebot keine Fortführung des bisherigen Familienlebens darstellt. Denn die GWW forderte und förderte immer auch die Selbstständigkeit ihrer Bewohner. Dass das nicht immer für jeden einfach war, erzählt man sich noch heute. So stellte ein Bewohner kurz nach seinem Einzug fest, dass die Betreuerinnen wohl nicht allzu fleißig seien. Darauf angesprochen erklärte der Bewohner: „Stell dir vor, ich stelle abends meine Schuhe vor die Tür und meinst du, die haben sie bis morgens geputzt?“ Unbeirrt davon hielten die Verantwortlichen an der wachsenden Selbstständigkeit der Bewohner fest. Nur wenige Jahre später wurden weitere Wohnformen umgesetzt, die den Bewohnern hohe Eigenständigkeit gewährte. So erkannte die GWW als eine der ersten Einrichtungen bereits in den achtziger Jahren das Potenzial des Ambulant Betreuten Wohnens. Heute gibt es für Menschen jeglichen Hilfebedarfs differenziert abgestimmte Angebote, unabhängig von deren Alter. „Die Wohnangebote richten sich immer nach den Wünschen der Bewohner. Wer selbstständig leben möchte, soll dies im Rahmen seiner Möglichkeiten tun dürfen“, erklärt Britta Bender, Geschäftsfeldleiterin Wohnen in der GWW. So wurde auch an den anderen Wohnstandorten im Landkreis Böblingen kräftig mitgefeiert. Denn sie alle gehen auf die Gründung vor 40 Jahren zurück. Die Bewohner in Herrenberg bemalten Karten, die sie am Nachmittag zeitgleich von allen Standorten aus mit bunten Luftballons in den leider verregneten Himmel steigen ließen.
Als die ersten Wohnheime der GWW öffneten, lebten die meisten Menschen mit Behinderung in Deutschland hauptsächlich in Einrichtungen außerhalb der Städte. Heimatnahe Wohnangebote gab es so gut wie nicht. So war es nur konsequent, dass die Verantwortlichen der GWW die Wünsche der Bewohner und Angehörigen weiter verfolgten und die vielfältigen Wohnangebote gemeindeintegriert an vielen Stellen der Städte und Gemeinden im Landkreis entwickelte. „So können heute die Menschen im Wohnheim lernen, ihr Leben mitzugestalten und wer es sich zutraut, alleine zu leben, zieht später in eine Außenwohngruppe und anschließend möglicherweise in die eigene Wohnung“, so Bender weiter. „Und wenn die Menschen später im fortgeschrittenen Alter wieder mehr Hilfe benötigen, können die Betreuungszeiten erhöht werden oder sie können in eine enger betreute Wohnform wechseln.“ Dieses Konzept kommt auch bei den Verantwortlichen der Städte und Gemeinden an. So lobte Herrenbergs Oberbürgermeister Thomas Spißler in seinem Grußwort: „Die GWW setzt sich stets für andere ein und bildet gemeinsam eine großartige Gemeinschaft. Alle Menschen sind willkommen und können Teil dieser Gemeinschaft sein. Das ist etwas ganz Wunderbares und alle tragen zusammen dazu bei.“