Pfullinger Ursula Bräu: Eine alte Tradition neu erfunden
(SH) Es wird wieder gebraut in Pfullingen! Seitdem die Brauerei Sigel im Jahr 1984 ihre Pforten schloss, mussten die Pfullinger Bürger auf auswärtig gebrautes Bier zurückgreifen. Während die ältere Generation oft wehmütig an die gute alte Sigel-Bier-Zeit zurückdenkt, ist für viele der jüngeren Generation das Sigel-Bier kein Begriff mehr. Zu lange ist es her, dass die Pfullinger Traditionsbrauerei den Betrieb einstellte.
Nach 35-jähriger Durststrecke ist es jetzt wieder soweit: es gibt wieder eine eigene Pfullinger Biersorte: das Ursula Bräu. Hergestellt und ausgeschenkt wird es genau an dem Ort, wo seit dem Jahr 1887 das Sigel-Bier gezapft wurde: im heutigen Restaurant Klostergarten, ehemals Gaststätte der Klosterbrauerei.
Jede einzelne Flasche gefeiert
Die Idee entstand vor drei Jahren aus einer Stammtisch-Laune heraus. Zahntechniker Stefan Blum und Steuerberater Andreas Hudjetz wollten sich als Hobbybrauer versuchen. „Wir sind große Bierfans und wollten einfach mal ein Bier machen, das voll und ganz unseren Vorstellungen entspricht“, erklärt Stefan Blum. Gesagt, getan. Die beiden Bierfans kauften sich kurzerhand eine Hobby-Brauanlage und begannen damit, im Garten ihr eigenes Bier zu brauen.
Bis das erste trinkbare Bier herauskam, brauchte es allerdings einige Versuche. Manchmal war das Bier ungenießbar oder die Flaschen explodierten beim Öffnen. Spaß hatten sie trotzdem immer dabei. „Wir haben jede einzelne Flasche gefeiert“, erinnert sich Blum. Mit der Zeit bekamen sie den Dreh raus und verfeinerten nach und nach die Rezepturen bis das Bier schließlich so schmeckte wie gewünscht.
„Der Pfullinger soll sein Bier wieder da trinken, wo er es vor 50 Jahren getrunken hat“
Nun, da endlich die richtige Rezeptur gefunden war, stellte sich die Frage was man daraus machen sollte. Allein im Garten trinken? Viel zu schade! Wie gut, dass dem Männer-Stammtisch noch mehr Bierbegeisterte angehörten. Namentlich Hubert Himmelsbach, Inhaber des Restaurant Klostergarten und Rosario Reich, Restaurantleiter im Klostergarten. Die Idee, die alte Bierbrau-Tradition an ihrem ursprünglichen Ort wieder aufleben zu lassen, gefiel den Beiden auf Anhieb. Im Restaurant Klostergarten waren sowohl die räumlichen als auch die hygienischen Voraussetzungen vorhanden, also kauften die Hobbybrauer zwei größere Brauanlagen und seither wird in der ehemaligen Brauereigaststätte wieder regelmäßig Bier hergestellt.
Lokaler Name,
regionale Zutaten
Ein Name für das helle Blonde war auch schnell gefunden: Pfullinger Ursula Bräu. Die Namensgeberin ist die wohl bekannteste Pfullinger Sagengestalt. Die Zutaten für das Bier stammen alle aus der Region. Die Hobbybrauer legen großen Wert darauf, das Bier traditionell handwerklich und ohne Zusatzstoffe nach dem Reinheitsgebot zu brauen. „Wie es die Mönche vor 300 Jahren gemacht haben. So schmeckt es auch intensiver“, betont Stefan Blum.
Vom Geschmack kann man sich inzwischen selbst überzeugen. Das Ursula Bräu hat seinen festen Platz auf der Getränkekarte des Klostergarten gefunden. Und dem Restaurant damit ganz nebenbei seinen dritten Löwen im Prädikat „Schmeck den Süden“ beschert. Diese Auszeichnung wird an Restaurants vergeben, die ausschließlich regional arbeiten.
Seinen ersten großen Test hat das Ursula Bräu auch schon bestanden. Beim diesjährigen Pfullinger Bürgerempfang wurde das Bier ausgeschenkt und kam sehr gut an. Ideen haben die Hobbybrauer noch viele. Zum Beispiel ist ein Ursula-Hefeweizen angedacht. Bis das trinkfähig ist, wird aber vermutlich noch ein ganzes Jahr vergehen. Schließlich sind die Hobbybrauer alle berufstätig und in Stress wollen sie ihre Leidenschaft nicht ausarten lassen. Dazu haben sie einfach zu viel Freude an der Sache.
Was die Urschel wohl zu so viel männlicher Bierbegeisterung in ihrem Namen sagen würde? Man könnte sich ja mal mit einem Ursulabier auf den Sagenweg machen. Wer weiß, vielleicht lassen sich die Bewacher der Urschel durch ein Schlückchen von dem nach ihr benannten Bier besänftigen und geben den lang gehüteten Schatz im Innern des Ursulabergs frei? Ein Versuch wäre es sicher wert.