Ulrich Vöhringer verabschiedet sich in den Ruhestand
(SH) 35 Jahre lang hat Ulrich Vöhringer die Volkshochschule Pfullingen geleitet. Zum Ende dieses Jahres geht er nun in den wohlverdienten Ruhestand und übergibt seiner Nachfolgerin Vera Hollfelder das Ruder. Als dienstältester vhs-Leiter in Baden-Württemberg kann Vöhringer auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückblicken.
Seit 1983 gab der Sportlehrer ehrenamtlich Kurse bei der Pfullinger vhs, 1984 wurde Vöhringer als erster hauptamtlicher Leiter eingestellt. Der studierte Lehrer musste sich, wie die meisten seiner damaligen Kollegen, beruflich neu orientieren, da es kaum Lehrerstellen gab. Bei der Pfullinger Volkshochschule habe er damals „beste Rahmenbedingungen vorgefunden“, erinnert sich Vöhringer: “Die vhs befand sich noch im Aufbau, da konnte ich vieles gestalten und planen, das war faszinierend und herausfordernd zugleich.“
Die Ansprüche sind gestiegen
Von Beginn an versuchte die Einrichtung ihren Teilnehmern ein breites Spektrum an Kursen zu bieten. Dieser Anspruch gilt bis heute, gleichzeitig hat sich vieles verändert: zu Beginn war die Volkshochschule ausschließlich eine Abend-Einrichtung, die Teilnehmer nutzten die Kurse eher als Zeitvertreib. Heute werden ganztägig Kurse angeboten, die Teilnehmer sind anspruchsvoller geworden und haben höhere Erwartungen an die Qualität des Unterrichts. Zurecht, findet Vöhringer, schließlich seien auch die Kosten für die Kurse gestiegen. Die Verwaltung reagierte auf die gestiegene Erwartungshaltung der Teilnehmer mit einer stärkeren Professionalisierung des Angebots und der Durchführung. Manche Themenbereiche kommen und gehen, andere bleiben. Neu im Angebot ist aktuell die Rubrik Verbraucherfragen, ein Dauerbrenner von Beginn an ist das Thema Ernährung. „Allerdings haben sich die hier vermittelten Wahrheiten ständig geändert“, stellt Vöhringer fest.
Ein wichtiges Anliegen war dem Leiter immer, gesellschaftspolitisch relevante Themen aufzugreifen. Viele spannende Einzelveranstaltungen mit renommierten Referenten aus Politik und Wissenschaft sind daraus entstanden. Dabei schreckte Vöhringer auch nicht vor schwierigen Veranstaltungen zurück. Als die Journalistin Renate Hartwig ihr hoch brisantes Buch über Scientology im Feuerwehrhaus vorstellte, musste sogar Polizeischutz angefordert werden. „Das war eine Veranstaltung unter Hochspannung“, erinnert sich Vöhringer. Aber auch weniger brisante Veranstaltungen lockten viele Besucher: Anselm Grün zog 800 Interessierte in die Pfullinger Hallen, zum Konzert des DDR-Trompeters Ludwig Güttler kamen kurz nach der Wende 1100 Gäste in die Martinskirche. In Erinnerung geblieben ist Vöhringer auch Karl-Heinz Böhm, dem es beim Anblick des Vortragssaales in den Pfullinger Hallen vor Begeisterung die Sprache verschlug. „Wissen denn die Pfullinger, was sie da Wunderbares haben?“, hatte er Vöhringer ungläubig gefragt.
Kleine Stadt mit großem Kursangebot
In den letzten 35 Jahren hat die Volkshochschule eine rasante Entwicklung hingelegt: seit Einführung der digitalen Erfassung im Jahr 1990 haben sich 41 000 verschiedene Teilnehmer registriert und es waren 2100 Dozenten für die vhs tätig. Für eine Gemeinde in dieser Größenordnung bietet die Pfullinger vhs ein außergewöhnlich großes Kursangebot. Seit vielen Jahren liegt die Weiterbildungsdichte, die das Verhältnis zwischen Einwohnerzahl und Kursteilnehmern darstellt, weit über dem Landesdurchschnitt. Und das, obwohl die vhs Reutlingen, eine der zehn größten Volkshochschulen bundesweit, in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. „Daneben diese Position zu erreichen, ist außergewöhnlich,“ auf diesen Erfolg ist Vöhringer stolz und betont zugleich, dass dies natürlich nicht nur sein Verdienst, sondern gleichermaßen jener der Dozenten und Mitarbeiter sei.
Eine solche Erfolgsgeschichte sei auch deswegen möglich gewesen, weil der Alt-Bürgermeister Rudolf Heß der vhs ausreichend Freiräume gelassen habe. „Wir müssen flexibel sein und dürfen von der Stadtverwaltung nicht in ein bürokratisches Korsett eingeengt werden“, erklärt Vöhringer mit Nachdruck. Das habe er auch 1998 der Stadtverwaltung dargelegt, als die Zuschüsse wegen der allgemein schlechten Finanzlage der Kommunen gedeckelt werden sollten. Vöhringers Erläuterungen, wie wichtig eine Volkshochschule für das gesellschaftliche Leben und auch als Wirtschaftsfaktor einer Gemeinde ist, habe der Gemeinderat damals angenommen. Gute Unterstützung und ausreichend Freiraum seitens der Stadtverwaltung wünscht er sich auch zukünftig für die vhs und seine Nachfolgerin.
Neue Herausforderungen unter neuer Leitung
Seit Ende November lernt Vera Hollfelder ihr neues Tätigkeitsfeld bei der Pfullinger vhs kennen, ab Januar wird sie hauptverantwortlich die Leitung übernehmen. Nach ihrem Studium der Europäischen Ethnologie in Würzburg hat die 31-jährige berufsbegleitend Kulturmanagement studiert und anschließend als Museumsleiterin eines stadthistorischen Museums in der Nähe von Mannheim gearbeitet. Besonders angetan hatte es ihr der pädagogische Bereich ihrer Arbeitsstelle, weshalb sie eine neue Herausforderung im Bereich der Bildungsarbeit suchte. Schon jetzt hätten sich viele Parallelen zu ihrer vorherigen Arbeit gezeigt und die erste Einarbeitung liefe sehr gut, freut sich Hollfelder: “Ulrich Vöhringer hat in den letzten Jahrzehnten tolle Arbeit geleistet. Ich will hier nicht alles neu machen, sondern an die Erfolge anknüpfen und darauf aufbauen. Gleichzeitig gibt es aber immer neue Herausforderungen, für die auch Neues gefunden werden muss.“