Frisch, bio und von Hand gepflückt: Gärtnern auf der Pfullinger Röt
(SH) Matthew, Anna-Lena und Siggi sind alle drei gelernte Gemüse-Gärtner und haben sich während ihrer Ausbildung in einem Demeter-Betrieb in Ingersheim im Kreis Ludwigsburg kennengelernt. Die beiden jungen Männer arbeiten noch immer dort als Gärtner, Anna-Lena studiert inzwischen Betriebswirtschaftslehre in Bonn. Freitags sind die drei auf der Röt in Pfullingen und bewirtschaften dort ihr eigenes, 12 Ar großes Gemüsebeet.
Die Ernte ist der Lohn für die harte Arbeit
Am Anfang stand der Wunsch Matthews, sich als Gärtner selbstständig zu machen. Das Ganze erstmal in kleinem Stil: Gemüse anbauen ohne wirtschaftlichen Zwang und ohne Maschinen, so sah die Wunschvorstellung des 35jährigen aus. Die aus Pfullingen stammende Anna-Lena war begeistert von der Idee und dank der Zustimmung ihrer Eltern zur Nutzung des großväterlichen Grundstücks auf der Röt konnte das Paar gemeinsam mit dem Kollegen Siggi das Projekt im Jahr 2019 starten. Als die Erntemenge über den Eigenbedarf hinaus ging, wurde das überschüssige Gemüse anfangs an Freunde und Familie verschenkt. Inzwischen kommen jede Woche circa 25 Kunden, um frisches Gemüse zu kaufen. Donnerstags wird das Angebot verschickt und freitags kann auf Bestellung direkt vor Ort eingekauft werden. Mit steigender Kundenzahl wächst auch die Verantwortung, stellt Anna-Lena fest. Für sie ist der Kontakt zu den Kunden dennoch das Schönste an der Arbeit: „Die sind jedes Mal so begeistert, die will man natürlich nicht enttäuschen.“
Das Gemüsebeet sehen die Gärtner auch als eine Art Experiment, bei dem sie alternative Anbauarten testen können. „Das ist unsere Spielwiese, hier können wir uns ausprobieren“, erklärt Anna-Lena. Bei aller Liebe zum Boden und zu den Pflanzen haben die drei auch den wirtschaftlichen Faktor im Blick, auch wenn dieser nicht an erster Stelle steht. Bei ihrer Arbeit in verschiedenen Demeter-Betrieben stellte Anna-Lena fest, dass es den meisten in der Bio-Szene schwerfällt, wirtschaftlich zu denken. Deshalb studiert die 28jährige nun BWL an einer anthroposophischen Hochschule. „Wir wollen zeigen, dass der Beruf als Gärtner attraktiv ist und auch wirtschaftlich attraktiv sein kann über den Direktverkauf. Durch den Verkauf direkt vom Feld haben wir keine Kühlkosten, keine Lagerkosten und keine Händlerkosten“, bestätigt auch Matthew. Schon jetzt ist das Interesse der jüngeren Kollegen groß, sodass die drei zukünftig Seminare anbieten wollen, in denen sie ihr Wissen weitergeben.
Maschinen kommen nicht zum Einsatz
Von Beginn des Projekts an gehen die Ansprüche der drei Gärtner weit über die üblichen Demeter- und Bio-Richtlinien hinaus. An erster Stelle steht die Gesundheit des Bodens. Ein halbes Jahr Vorbereitung brauchte es, bis erstmals gepflanzt werden konnte. Als Grundlage stellten die Gärtner die sogenannte Terra Preta selbst her. Hierbei wird Erde mit Kompost und Pflanzenkohle gemischt. Durch die Beimischung von Kohle entstehen in der Erde Hohlräume, in denen wiederum wichtige Lebensstoffe für die Pflanzen gespeichert werden. Außerdem setzen die drei auf Permanente Beete. Dies bedeutet, dass nach der Ernte keine Bodenbearbeitung mit Maschinen stattfindet, die Erde bleibt im Beet. Auf diese Weise bleibt die gesunde Bodenstruktur mit ihren bestehenden Nährstoffen, Wasser und organischen Stoffen erhalten. Zwischen den Beeten wurden Hackschnitzel-Wege angelegt, um die Entstehung von Pilzen zu fördern, welche die heranwachsenden Pflanzen wiederum mit Zuckerstoffen versorgen. Gedüngt wird ebenso ökologisch mit Grünabfällen, Pferdemist und Schafswolle. Die Gemüsepflanzen werden vor ihrer Auspflanzung vor Ort aus Samen eigenhändig großgezogen. Verwendet werden ausschließlich samenfeste Sorten und keine aus dem Labor stammenden Hybridsorten. Zur zusätzlichen Bewässerung dient gesammeltes Regenwasser.
Auch zwei Jahre nach Beginn des Gartenprojekts sucht man auf dem 12 Ar großen Grundstück vergeblich nach Maschinen. Die drei bleiben ihrer Linie treu und bearbeiten weiterhin alles aus Überzeugung von Hand. Das Gärtnern auf der Röt bedeutet großen Arbeitsaufwand in der Freizeit und ist längst mehr als ein Hobby geworden, obwohl alle drei weiterhin parallel arbeiten bzw. studieren. Um dies durchzustehen, braucht es Einiges an Leidenschaft und Idealismus. Trotzdem wollen Siggi, Matthew und Anna-Lena mit ihrem Gartenprojekt weitermachen. Wer Gemüse auf der Röt einkaufen möchte, kann sich melden per E-Mail: vom-gaertle@posteo.de