Fahrrad statt Feinstaub – Die „Projektgruppe Radverkehr Pfullingen“ engagiert sich für eine fahrradfreundliche Stadt
(SH) Diesel-Fahrverbote, Pedelecs, die bevorstehende Zulassung von Elektro-Tretrollern auf Fuß- und Fahrradwegen: wir sind alle mittendrin statt nur dabei im Zeitalter großer Mobilitäts-Umbrüche. Damit wir uns in Zukunft sicher und möglichst umweltfreundlich fortbewegen können, bedarf es einer neuen Mobilitätsstruktur. Wie diese aussehen soll, löst sowohl auf kommunal-, als auch auf bundespolitischer Ebene hitzige Diskussionen aus. Die „Projektgruppe Radverkehr Pfullingen“ sieht ein neues Mobilitätsverhalten als Belastungsprobe für alte Verkehrsstrukturen und hat Ideen für die Entwicklung einer fahrradfreundlichen Stadt.
„Man kann sich in Pfullingen mit dem Fahrrad fast nur verkehrswidrig fortbewegen“
Bereits vor einigen Jahren schloss sich eine Gruppe begeisterter Radfahrer zusammen mit dem Ziel, Radfahren in Pfullingen attraktiver und vor allem sicherer zu machen. Die radelnden Mitglieder der Gruppe erarbeiteten eine ausführliche und reich bebilderte Bestandsaufnahme in Form einer Broschüre mit dem Ziel, diese im Gemeinderat vorzustellen. Das Thema der Projektgruppe wurde in das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept plus/Pfullingen 2035“ aufgenommen. Im Rahmen des ISEK-Prozesses wurden die Ideen der Radgruppe erweitert und gefestigt, neue interessierte Bürger schlossen sich an. Der Bürgerbeteiligungsprozess am Stadtentwicklungskonzept ist inzwischen abgeschlossen, ISEK soll im September beschlossen werden. Die Radgruppe ist aber auch weiterhin aktiv und sieht sich als Beispiel für eine „echte Bürgerbeteiligung“. Obwohl – oder gerade weil – viele Mitglieder der Projektgruppe für die bevorstehende Gemeinderatswahl kandidieren, betont die Gruppe „überparteilich“ zu agieren. Die Motivation der inzwischen rund 30 Mitglieder ist, egal ob mit oder ohne ISEK dieselbe geblieben: Radfahren in Pfullingen soll sicherer werden und dadurch möglichst viele BürgerInnen für eine nachhaltige Form der Fortbewegung gewinnen.
Gleichberechtigung für alle Verkehrsteilnehmer
Ziel der engagierten RadfahrerInnen ist es, die Interessen, Wünsche und Ideen von RadlerInnen zu bündeln und aufzuarbeiten. In einem nächsten Schritt sollen daraus Forderungen formuliert und an die Entscheidungsträger der Stadt Pfullingen weitergeleitet werden. Die ersten verbuchten Erfolge sind dem ein oder anderen Radfahrer sicher schon aufgefallen:
Beim Übergang vom Radweg zur Bollstraße auf Höhe des alten Bahnhofes holpert man neuerdings nicht mehr unsanft über die Bordsteinkante direkt ins nächste Schlagloch. Hier wurde die Straße ausgebessert, wodurch Radfahrer jetzt bequem und sicher weiterfahren können. Auch am Kreisverkehr Römer-/Bismarckstraße hat sich zugunsten der Radfahrer etwas geändert. Die Stadtverwaltung hat mit diesen und weiteren Verbesserungen auf eine Mängelliste reagiert, die ihr von der Projektgruppe vorgelegt wurde. Damit hat die Gruppe einige ihrer kurzfristigen Ziele bereits erreicht. Mittelfristig sollen vor allem Rad-Schulwegepläne umgesetzt werden, um die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen im Stadtverkehr zu gewährleisten. Im Idealfall werden dadurch weniger Kinder mit dem Auto zur Schule gefahren. Ein langfristiges Ziel ist die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer: Fußgänger, Fahrradfahrer, ÖPNV, Bürgerbus, Autofahrer. Um dies zu erreichen, fordert die Gruppe die Erstellung eines „Masterplan Radverkehr“.
Ideen und Anregungen hierfür gibt es reichlich, bei der Umsetzung sieht die Gruppe die Stadtverwaltung in der Pflicht: “Wir sind Radfahrer, keine Verkehrsexperten. Wir können nicht fachgerecht umsetzen, hierzu bedarf es Fachwissen im Bereich der Straßenverkehrsordnung und eine professionelle Planung. Das muss von der Stadtverwaltung kommen“, so der Tenor der Beteiligten.
Die Stadtbahntrasse spielt eine entscheidende Rolle
Mit großer Spannung wird die Entscheidung über den Verlauf der neuen Stadtbahntrasse erwartet. Denn „neue Radwege werden sich in jedem Fall der Trasse unterordnen müssen“, dessen ist man sich bewusst. Damit Fahrradwege im Zuge der Errichtung der neuen Bahntrasse nicht vergessen werden, hat die Gruppe bereits für verschiedene Szenarien Ideen gesammelt. Die neue Bahntrasse sehen die Mitglieder als Chance für ein gleichberechtigtes Nebeneinander der verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten. „Man muss ja sowieso umbauen“, warum sollte dann nicht ein paar Meter mehr Platz geschaffen werden für einen Radschnellweg? Man erhofft sich auch, dass durch den Trassenbau entstehende finanzielle Zuschüsse für die Neugestaltung und Erhaltung von Radwegen genutzt werden können.
Note 4,3 beim ADFC Radklimatest
Die Gruppe hat sich außerdem dafür eingesetzt, dass Pfullingen im Ranking „Radklimatest“ des ADFC aufgenommen wurde. Mit einer Schulnote von 4,3 reiht sich Pfullingen auf den hintersten Plätzen ein, laut ADFC gibt es also noch einiges zu tun in Sachen fahrradfreundlicher Stadt. Die Projektgruppe freut sich über weitere innovative Fahrradfahrer: Wer Lust hat, sich an der Entwicklung einer Radinfrastruktur in Pfullingen zu beteiligen, darf sich gerne melden.
Ansprechpartner und nähere Infos gibt es unter den folgenden E-Mail Adressen:
jo.scherer@projektgruppe-radverkehr-pfullingen.de
michael.jasch@projektgruppe-radverkehr-pfullingen.de