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Sterben in Würde: 20 Jahre Hospiz Veronika

(SH) Ein Nachruf auf sich selbst – der jüngst verstorbene Satiriker Herbert Feuerstein hat gezeigt, wie es geht und der Nachwelt eine zweistündige Audio-Botschaft hinterlassen. Eine eher untypische Art, sich aus dem Leben zu verabschieden. Muss man Komiker sein, um so etwas zu wagen? Ob Komiker oder nicht: sterben werden wir alle. Und obwohl uns allen das bewusst ist, fällt es den meisten schwer sich zu Lebzeiten mit dem Thema Tod zu beschäftigen.

„Es ist mir noch nie so gut gegangen wie hier im Hospiz“

Im Landkreis Reutlingen gibt es ein ganzes Netzwerk an palliativen Care Einrichtungen, die schwerkranke sterbende Menschen begleiten. Die Versorgung von lebensbedrohlich Erkrankten kann sich über Jahre hinziehen. Deshalb gibt es im Landkreis mehrere palliative Stationen mit verschiedenen Schwerpunkten, die eng zusammenarbeiten, so dass betroffene Menschen individuell begleitet werden können. Das stationäre Hospiz Veronika in Eningen ist ein Teil dieses Netzwerkes. Vor 20 Jahren gegründet, sollte in diesem Jahr eigentlich Jubiläum gefeiert werden, welches aber coronabedingt ins nächste Jahr verschoben wurde. Das Hospiz ist die letzte Station für seine Bewohner. Die Menschen, die dorthin kommen haben mit dem Leben abgeschlossen und kommen, um zu sterben. Die Dauer des letzten Lebensaufenthaltes beträgt im Schnitt 21 Tage. „Wir haben aber auch immer wieder Patienten, die sich erholen und nochmal vorübergehend nach Hause können. Wir tun alles dafür, dass es den Menschen hier so gut wie möglich geht“, betont Dr. Barbara Dürr, Mitbegründerin des Hospizes. Die neun Plätze im Hospiz werden zu 95% von den Pflege- und Krankenkassen finanziert, die übrigen 5% trägt der Förderverein mithilfe von Spenden. Die Kranken werden bestmöglich medizinisch und spirituell begleitet. Das Hospiz leistet keine Sterbehilfe, Ziel ist es, den Menschen einen schmerzfreien Tod nach ihren eigenen Wünschen zu ermöglichen. „Es geht um Lebensqualität, wir wollen nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern diesen letzten Tagen mehr Leben“, betont Barbara Dürr. Immer wieder gebe es Sterbende, die berichten, dass es ihnen noch nie so gut gegangen sei wie im Hospiz. Auch die Zu- und Angehörigen der Kranken werden betreut in dieser psychologisch herausfordernden Situation, was die meisten als große Entlastung empfinden.

Je mehr wir den Tod ausklammern, desto schwerer fällt das Trauern

Dr. Barbara Dürr ist auch Vorsitzende des Fördervereins und der Stiftung des Hospizes. Was hat die heute 67jährige bewegt, sich vor über 20 Jahren ausgerechnet in der palliativen Arbeit ehrenamtlich zu engagieren? Vor 50 Jahren absolvierte die angehende Medizin-Studentin ein Pflege-Praktikum, das tiefen Eindruck hinterließ. „Die Menschen starben dort hinter spanischen Wänden, allein in der Besenkammer, auf der Toilette. Ich habe mir schon damals gedacht, man kann doch besser sterben“, erinnert sich die Ärztin, die heute als Dozentin in verschiedenen Fortbildungseinrichtungen arbeitet. Es sind vor allem zwei Dinge, die ihr am Herzen liegen: zum einen sollen die Menschen wieder mehr über das Sterben sprechen und ihren Angehörigen rechtzeitig mitteilen, was sie sich wünschen und vor allem, was sie nicht wollen. Hilfe bietet hier beispielsweise der Ich-Pass und die spirituelle Patientenverfügung. Zum anderen sollen neue politische Strukturen für gutes Sterben geschaffen werden. „80% der Menschen wollen zuhause sterben, wir haben aber nicht mehr die Struktur der treusorgenden Großfamilie, wo das möglich ist. Diese zerfallenen familiären Strukturen müssen wir auffangen durch vorgegebene politische Strukturen“, lautet Dürrs Forderung.

Informationen und Anlaufstellen zum Thema Tod gibt es zahlreich. Notare, Ärzte, Pflegestützpunkte, ambulanter Hospizdienst – sie alle stehen beratend zur Seite zu Themen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Sterbebegleitung. „Man muss nur selbst den ersten Schritt tun und sich überwinden, sich mit dem ungeliebten Thema Tod zu beschäftigen“, ermutigt Barbara Dürr. Wie momentan an so vielen anderen Stellen, erschwert die Pandemie auch die Arbeit von Hospiz, Förderverein und Stiftung. Im Hospiz müssen Lösungen gefunden werden, um Hygieneschutz und Menschlichkeit zu vereinbaren, zeitgleich fallen viele Informationsveranstaltungen des Fördervereins aus.

Sowohl Förderverein als auch Stiftung freuen sich über Mitglieder, Spenden, Zustiftungen und ehrenamtliche Mitarbeit. Kontakt und Infos: www.hospiz-veronika.de.

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