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Hilfe aus Pfullingen für Flüchtlingskinder im Libanon

(SH) Ingrid Rumpf aus Pfullingen und Khawla Khalaf aus dem Libanon haben beide dasselbe Ziel: Not lindern in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon. Von Pfullingen aus engagiert sich Ingrid Rumpf seit 27 Jahren als Gründerin und Vorsitzende des Vereins „Flüchtlingskinder im Libanon e.V.“ dafür, den Geflüchteten in den Lagern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Khawla Khalaf ist seit 1994 Sozialarbeiterin im Südlibanon und aufgrund einer Einladung zur documenta in Kassel für zwei Wochen nach Deutschland gekommen. In den palästinensischen Flüchtlingslagern haben sich die Lebensumstände in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Umso wichtiger ist es dem Pfullinger Verein, über die Lage im Libanon zu informieren.

Der Auslöser für die Gründung des Vereins waren Palästinenser, die Anfang der 1990er Jahre vor dem Bürgerkrieg im Libanon flohen und hier in Pfullingen landeten. Ingrid Rumpf, die sich derzeit ehrenamtlich engagierte, kümmerte sich um die Ankömmlinge und gründete unter anderem ein Flüchtlingscafé. Sie interessierte sich für die Geschichte der Geflüchteten, informierte sich über deren Herkunftsland und reiste 1994 selbst in den Libanon. Dort besuchte sie kriegszerstörte Orte und palästinensische Flüchtlingslager, traf Menschen und verschiedene Hilfsorganisationen und zog daraus den Schluss: „Wir müssen was tun!“. Seitdem sammelt der Verein Spenden von Privatpersonen und Kirchen, beantragt Gelder bei Ministerien und arbeitet mit Eine-Welt-Läden zusammen. Mithilfe dieser Mittel unterstützt der Verein die Arbeit der Partnerorganisation „The National Institution of Social Care and Vocational Training“ (NISCVT) vor Ort. Eigene Projekte werden nicht durchgeführt, denn „wir sind überzeugt, dass die vor Ort am besten wissen, was zu tun ist“, betont Ingrid Rumpf. Und zu tun gibt es eine Menge. Das wird deutlich, wenn Khawla Khalaf aus erster Hand berichtet.

„Es geht ums Überleben“

Die palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon bestehen seit 1948. Der libanesische Staat fühlt sich bis heute nicht verantwortlich und hat keinerlei Absicht, die Flüchtlinge zu integrieren. Eine legale Teilnahme am Arbeitsleben oder Wohneigentum bleibt den seit Jahrzehnten in den Lagern lebenden Flüchtlingen verwehrt. Die Menschen leben ohne Zivilrechte, ohne regelmäßige Gehälter, ohne Sicherheit und ohne Aussicht auf Legalität in den Lagern. Die Zahl der Flüchtlinge wird auf 450 000 geschätzt, was ein Viertel der libanesischen Bevölkerung ausmacht. Mithilfe von internationalen Nicht-Regierungs-Organisationen wurden im Laufe der Zeit Sozialstrukturen und Hilfen in den Lagern aufgebaut. Ziel ist es, den Menschen innerhalb dieser aussichtlosen Lage dennoch Perspektiven zu schaffen, zum Beispiel durch Schul- und Berufsbildungskurse, medizinische und psychologische Versorgung, Notfallprojekte und Patenschaften für Waisen. Der Pfullinger Verein unterstützt mit seinen Spenden vor allem Projekte, die Kindern, Jugendlichen und Frauen zugutekommen. Auch die Arbeit von Khawla Khalaf wird über solche Spenden finanziert. Im Flüchtlingslager Al Buss koordiniert Khawla Hilfe und leitet ein familientherapeutisches Beratungs- und Behandlungszentrum. Hier werden vor allem psychisch kranke Kinder behandelt, medizinisch versorgt und deren Familien unterstützt. Khawla, deren Familie 1948 geflohen ist und die selbst im Flüchtlingslager aufgewachsen ist, sieht ihre Arbeit als Lebensaufgabe. Die momentane Lage sei erdrückend, berichtet sie. „Wir stehen immer unter Druck, wir wissen nie ob es weitergeht. Manchmal ist Geld da, manchmal nicht.“ Die Wirtschaftskrise im Libanon, weitere Flüchtlinge aus Syrien, die Corona-Pandemie und nicht zuletzt auch der Ukraine-Krieg haben dafür gesorgt, dass es inzwischen vor allem am Nötigsten fehlt: Nahrung, Kleidung, Strom. Die Inflation ist so hoch, dass eine Busfahrt zur Arbeit mehr kostet als die Menschen verdienen und viele Kinder nicht mehr zur Schule gehen können. All die mühevoll aufgebauten Strukturen und Hilfen drohen zu zerbrechen. „Es geht ums Überleben. Der momentane Zustand ist sehr besorgniserregend, wir können nur versuchen, die Not zu lindern“, bestätigt Ingrid Rumpf, die im Frühjahr dieses Jahres vor Ort war. Und auch für Khawla Khalaf ist trotz der aussichtslosen Lage klar: „Wir geben unser Bestes, um die Familien im Lager zu unterstützen. Wir können nicht aufgeben.“

Weitere Informationen und Kontakt bei Ingrid Rumpf: www.lib-hilfe.de, info@lib-hilfe.de

Spendenkonto: Flüchtlingskinder im Libanon e.V., IBAN: DE83 6039 0000 0710 6950 04

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